Sri Lanka: Mütter haben eine Schlüsselrolle für eine friedlicheZukunft
Text: Katharina Nickoleit, Fotos: Christian Nusch
15 Jahre nach dem Bürgerkrieg sind die Kämpfe im Norden Sri Lankas zwar vorbei, doch unter der Oberfläche schwelt es weiter. Damit die kommenden Generationen dauerhaft in Frieden leben können, lernen Frauen in Selbsthilfegruppen, Konflikte zu lösen und knüpfen Kontakte über aufgerissene Gräben.
Die Kinder tragen den Groll in die nächste Generation
Selbsthilfegruppen als Instrument, die Region dauerhaft zu befrieden
Zuhören, sich austauschen, gemeinsam eine Lösung finden
Alle Frauen haben ähnliche Probleme
Zu Beginn sitzen alle Teilnehmerinnen mit den Frauen aus ihrem Dorf zusammen. Thilini lässt als erstes diese Trennung auflösen und die Frauen 1-2-3-4 abzählen, sodass sich vier neue, gemischte Gruppen bilden. Ihre erste Aufgabe: Das daheim Gelernte zu wiederholen und dabei herauszuarbeiten, welche Probleme alle gemeinsam haben. "Wir haben bei uns in der Selbsthilfegruppe immer mehrere Mitglieder, die dringend Geld aus der gemeinsamen Rücklage leihen wollen. Dafür reicht die aber nicht", meint Kalivani. "Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie man gemeinsam entscheiden kann, wer das Darlehen zuerst bekommt, ohne dass sich die andere zurückgesetzt fühlt."
Fasnah nickt, bei ihr im Dorf ist es genau das Gleiche. "Diese Konfliktlösung ist auch in der Familie wichtig, denn wenn es ständig Streit und Spannungen gibt, dann beeinträchtigt das einfach alles. Das war mir gar nicht richtig klar, bevor ich es in der Gruppe gehört habe." Kalivani ist Hindu, Fasnah Muslima. Seit sie aus dem Exil in den Norden Sri Lankas zurückgekehrt sind, haben sie nur noch mit Menschen aus dem eignen Dorf zu tun. "Ich habe selbst keinen Konflikt mit Moslems, ich kenne ja gar keine. Und das ist schade", meint Kalivani. Fasnah berichtet von Gerüchten. "Manchmal verbreiten Menschen schlechte Dinge über die Hindus oder Christen. Dann frage ich mich, warum sagen die Leute so etwas?"
"Die Beziehung zu meiner Tochter hat sich sehr verbessert"
Eine andere Frage, die alle vereint, ist die nach der Erziehung ihrer Kinder. "Wir sprechen in der Gruppe viel darüber, wie wir unseren Kindern besser zuhören und mit ihnen kommunizieren können", erzählt Fasnah, und Kalivani ergänzt, wie spannend sie es findet, davon zu hören, dass Kinder verbriefte Rechte haben.
Genau ähnliche Gedanken beschäftigt auch Sumitra in dem hinduistischen Dorf Vellankulam. "Seitdem wir in der Gruppe gelernt haben, die Bedürfnisse unserer Kinder ernst zu nehmen, hat sich meine Beziehung zu meiner Tochter sehr verbessert. Wir führen unsere Gespräche jetzt auf Augenhöhe und gehen viel freundlicher miteinander um." Sanuthi ist froh, dass ihre Mutter Mitglied der Frauenselbsthilfegruppe ist. "Sie hat jetzt viel mehr Geduld mit mir und versucht zu verstehen, was mir wichtig ist", meint die 16-Jährige und hat gleich ein Beispiel parat: "Ich wollte an einem Englischwettbewerb teilnehmen, aber meine Mutter hat das immer verboten. Aber jetzt erlaubt sie es und ich darf hingehen!" Sumitra lächelt. "Mir war vorher einfach nicht klar, wie wichtig Sanuthi der Wettbewerb ist, weil ich mir gar nicht die Zeit genommen habe, richtig mit ihr darüber zu sprechen. Außerdem hätte ich auch gar nicht das Geld gehabt, um den Transport und die Unterkunft zu bezahlen. Aber jetzt, mithilfe meines Küchengartens und dem Verkauf der Eier, geht es."