Äthiopien: Gayssalo Gashile Garamo – vom Patenkind zum humanitären Helfer
Text: Anne Kretzschmar, Bilder: privat
Immer wieder erreichen uns Nachrichten von ehemaligen Patenkindern aus Äthiopien, die uns ihre Geschichte erzählen wollen. Sie alle hatten ein Projekt der Kindernothilfe besucht. Zu lesen, wie sich ihr Leben zum Positiven entwickelt hat, ist immer wieder eine große Freude für uns. Auch Gayssalo Gashile Garamo hat seine besondere Geschichte mit uns geteilt.Mit nur einem Buch und einem Stift in die Grundschule
Im Gidole-Hostel: in Ruhe lernen können, ohne sich ums Überleben sorgen zu müssen
„Ab der zweiten Klasse kam ich ins Gidole-Hostel, was mein Leben dramatisch veränderte. Dort hatte ich ein Leben, das dem von Kindern aus privilegierten Verhältnissen ähnelte”, schreibt er uns. Zum ersten Mal konnte er sich einzig und allein auf die Schule konzentrieren, ohne sich Sorgen machen zu müssen, was er essen oder anziehen sollte. Das wirkte sich auf seine Noten aus – er hatte ausgezeichnete Noten, besonders gut war er in Mathematik. „Das Leben dort war unbeschreiblich angenehm. Das Wohnheim förderte nicht nur meine Ausbildung, sondern auch meine moralische und spirituelle Entwicklung.”
Aber auch der Kontakt zu seiner Familie blieb eng. Gayssalo Gashile Garamo erzählt, dass das Hostel auch Fahrten zu den Familien bezahlt hat. Besonders gerne erinnert er sich an die Weihnachtsfeiern, die er mit viel Freude und Aufregung verbindet. Er setzte sich bereits damals für seine Mitmenschen sein, indem er sich in verschiedenen Komitees des Hostels engagierte. Das hat sein Verantwortungsbewusstsein gefördert und seinen Charakter gestärkt. Auch sein Glauben wurde durch ein wöchentliches spirituelles Programm vertieft. „Rückblickend kann ich mit Sicherheit sagen, dass das Hostel den Grundstein für den Erfolg gelegt hat, den ich heute genieße. Ich weiß, wie anders mein Leben ohne diese Gelegenheit verlaufen wäre.”
Vom Patenkind zum Vorbild für andere
Nach der Schule studierte Gayssalo Gashile Garamo „Educational Planing & Management“ und schaffte 2013 ohne Probleme seinen Universitätsabschluss. Er arbeitete drei Jahre lang als Planungs- und Wirtschaftsentwicklungsberater im Bildungsamt von 2016 bis 2019 absolvierte er noch einen Masterstudiengang. Danach war er vier Jahre im Bildungsministerium als Korruptionsbekämpfer tätig. Das Engagement für seine Mitmenschen hat er sich immer beibehalten.
Heute arbeitet der 33-Jährige beim Äthiopischen Roten Kreuz als Koordinator eines Büros in Südäthiopien. Im November 2020 begann in der südäthiopischen Region ein Konflikt zwischen den Bezirken Ale und Konso, der sich später als Bürgerkrieg auf weitere Teile des Landes ausbreitete. „Viele Menschen verloren ihr Leben, viele wurden vertrieben und ihre Häuser wurden zerstört.” Das Äthiopische Rote Kreuz leistet in Zusammenarbeit mit anderen internationalen Zweigen der Organisation (z. B. aus den Niederlanden und der Schweiz) humanitäre Hilfe. „Dazu gehören: Hausbau, psychosoziale Unterstützung, Lebensunterhalt und viele andere humanitäre Arbeiten für Binnenflüchtlinge und die diejenigen, die sie aufnehmen.” So wie ihm damals das Gidole-Hostel geholfen hat, hilft er heute anderen Menschen, die dringend Unterstützung benötigen.
Hilfe kann Leben verändern
Die Kindernothilfe ist seit 1972 in Äthiopien tätig. In 38 Projekten fördert sie rund 753.600 Kinder im ganzen Land, um ihnen Zugang zu Bildung, ein sicheres Umfeld und eine Chance auf ein Leben ohne Armut zu ermöglichen.