Kindernothilfe. Gemeinsam wirken.

Äthiopien: Gayssalo Gashile Garamo – vom Patenkind zum humanitären Helfer

Text: Anne Kretzschmar, Bilder: privat

Immer wieder erreichen uns Nachrichten von ehemaligen Patenkindern aus Äthiopien, die uns ihre Geschichte erzählen wollen. Sie alle hatten ein Projekt der Kindernothilfe besucht. Zu lesen, wie sich ihr Leben zum Positiven entwickelt hat, ist immer wieder eine große Freude für uns. Auch Gayssalo Gashile Garamo hat seine besondere Geschichte mit uns geteilt.
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Eine äthiopische Familie mit zwei Kindern (Quelle: privat)
Gayssalo Gashile mit seiner Familie (Quelle: privat)
Eine äthiopische Familie mit zwei Kindern (Quelle: privat)
Gayssalo Gashile mit seiner Familie (Quelle: privat)

Mit nur einem Buch und einem Stift in die Grundschule

Gayssalo Gashle Garamo wuchs mit vier Geschwistern in einem kleinen Dorf namens Gewada in Süden Äthiopiens auf. Seine Eltern lebten von dem, was sie auf ihrem Feld anbauten und hatten nur ein kleines Einkommen. Trotzdem sorgte sein Vater dafür, dass der Junge die Grundschule besuchen durfte. Ausgestattet mit nur einem Lehrbuch und einem Bleistift startete er in seine Schulzeit. Sein Potenzial wurde schon in seinem ersten Schuljahr sichtbar - er schloss es als Zweitbester seiner Klasse ab! Doch wegen des geringen Einkommens seiner Eltern hätte er nach dem ersten Jahr nicht weiter zur Schule gehen können. Ein protestantischer Priester sah das Potenzial des Jungen und informierte das Gidole-Hostel über ihn. Dieses Schülerwohnheim wurde über Patenschaften von der Kindernothilfe finanziert. Kinder aus bedürftigen Familien konnten dort wie eine große Familie zusammenwohnen. Sie gingen zur Schule, lernten, aßen, spielten und feierten gemeinsam. Auch Gayssalo Gashile Garamo wurde aufgenommen und konnte seine Schulbildung fortsetzen.
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Im Gidole-Hostel: in Ruhe lernen können, ohne sich ums Überleben sorgen zu müssen

„Ab der zweiten Klasse kam ich ins Gidole-Hostel, was mein Leben dramatisch veränderte. Dort hatte ich ein Leben, das dem von Kindern aus privilegierten Verhältnissen ähnelte”, schreibt er uns. Zum ersten Mal konnte er sich einzig und allein auf die Schule konzentrieren, ohne sich Sorgen machen zu müssen, was er essen oder anziehen sollte. Das wirkte sich auf seine Noten aus – er hatte ausgezeichnete Noten, besonders gut war er in Mathematik. „Das Leben dort war unbeschreiblich angenehm. Das Wohnheim förderte nicht nur meine Ausbildung, sondern auch meine moralische und spirituelle Entwicklung.”

Aber auch der Kontakt zu seiner Familie blieb eng. Gayssalo Gashile Garamo erzählt, dass das Hostel auch Fahrten zu den Familien bezahlt hat. Besonders gerne erinnert er sich an die Weihnachtsfeiern, die er mit viel Freude und Aufregung verbindet. Er setzte sich bereits damals für seine Mitmenschen sein, indem er sich in verschiedenen Komitees des Hostels engagierte. Das hat sein Verantwortungsbewusstsein gefördert und seinen Charakter gestärkt. Auch sein Glauben wurde durch ein wöchentliches spirituelles Programm vertieft. „Rückblickend kann ich mit Sicherheit sagen, dass das Hostel den Grundstein für den Erfolg gelegt hat, den ich heute genieße. Ich weiß, wie anders mein Leben ohne diese Gelegenheit verlaufen wäre.”

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Ein junger Mann mit Doktorhut von einer Universität (Quelle: privat)
Foto von der Abschlussveranstaltung der Dilla Universität (Quelle: privat)
Ein junger Mann mit Doktorhut von einer Universität (Quelle: privat)
Foto von der Abschlussveranstaltung der Dilla Universität (Quelle: privat)

Vom Patenkind zum Vorbild für andere

Nach der Schule studierte Gayssalo Gashile Garamo „Educational Planing & Management“ und schaffte 2013 ohne Probleme seinen Universitätsabschluss. Er arbeitete drei Jahre lang als Planungs- und Wirtschaftsentwicklungsberater im Bildungsamt von 2016 bis 2019 absolvierte er noch einen Masterstudiengang. Danach war er vier Jahre im Bildungsministerium als Korruptionsbekämpfer tätig. Das Engagement für seine Mitmenschen hat er sich immer beibehalten.

Heute arbeitet der 33-Jährige beim Äthiopischen Roten Kreuz als Koordinator eines Büros in Südäthiopien. Im November 2020 begann in der südäthiopischen Region ein Konflikt zwischen den Bezirken Ale und Konso, der sich später als Bürgerkrieg auf weitere Teile des Landes ausbreitete. „Viele Menschen verloren ihr Leben, viele wurden vertrieben und ihre Häuser wurden zerstört.” Das Äthiopische Rote Kreuz leistet in Zusammenarbeit mit anderen internationalen Zweigen der Organisation (z. B. aus den Niederlanden und der Schweiz) humanitäre Hilfe. „Dazu gehören: Hausbau, psychosoziale Unterstützung, Lebensunterhalt und viele andere humanitäre Arbeiten für Binnenflüchtlinge und die diejenigen, die sie aufnehmen.” So wie ihm damals das Gidole-Hostel geholfen hat, hilft er heute anderen Menschen, die dringend Unterstützung benötigen.

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Ein junge Mann mit einer Weste vom Roten Kreuz steht auf einer Wiese (Quelle: privat)
Gayssalo Gashile Garamo in seiner Dienstkleidung (Quelle: privat)
Ein junge Mann mit einer Weste vom Roten Kreuz steht auf einer Wiese (Quelle: privat)
Gayssalo Gashile Garamo in seiner Dienstkleidung (Quelle: privat)

Hilfe kann Leben verändern

Der Familienvater ist sehr dankbar für die Unterstützung, die er als Kind und Jugendlicher durch die Kindernothilfe, seine Patin und das Projekt erhalten hat. „Ich habe jetzt ein gutes Leben, ein Haus, eine liebevolle Frau, zwei Kinder und ein stabiles monatliches Einkommen.” Als er alt genug war, hatte er von Hostelmitarbeitern erfahren, dass er in Deutschland eine Kindernothilfe-Patin hatte. Das berührt ihn noch heute sehr. „Ich bin meiner Patin und den wunderbaren Menschen, die mich unterstützt haben, zutiefst dankbar.” Er weiß, dass er ohne die Hilfe wohl nie das Leben gehabt hätte, das er heute leben darf. Das Kindernothilfe-Projekt, seine Patin, sein eigenes Engagement und sein Ehrgeiz haben Gayssalo Gashile Garamo zu einem beeindruckenden Menschen gemacht.

Die Kindernothilfe ist seit 1972 in Äthiopien tätig. In 38 Projekten fördert sie rund 753.600 Kinder im ganzen Land, um ihnen Zugang zu Bildung, ein sicheres Umfeld und eine Chance auf ein Leben ohne Armut zu ermöglichen.
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Junge sieht fröhlich durch ein OH, das er mit den Fingern macht (Bildquelle: Lars Heidrich)

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